Unser Redakteur Philip hat es kürzlich selbst erlebt: Seine Frau war gesundheitlich angeschlagen und lag mit Corona flach, die kleinen Kinder mussten aber betreut werden. Allerdings bekommt er als Angestellter und berufstätiger Vater weder vom Hausarzt noch vom Kinderarzt eine Krankschreibung, denn die Kinder sind ja nicht erkrankt. Ein Dilemma, welches sicherlich vielen Familien auch schon begegnet ist. Daher hat er mal zusammengefasst, was Familien in dieser Situation tun können.
Seit nun fast vier Jahren sind Eltern durch Corona und andere Atemwegserkrankungen der Kinder und auch bei sich selbst echt gebeutelt. Und insbesondere in der kalten und dunklen Jahreszeit müssen sich Eltern kleiner Kinder warm anziehen. Nicht nur, weil die Temperaturen unter Null fallen, sondern auch, weil die Erkältungszeit bevorsteht und meist gleich auch noch eine Grippewelle durchs Land rollt. Gerade dann, wenn beide Elternteile berufstätig sind, kann das bisweilen für große Schwierigkeiten sorgen.
Eine uns bekannte Familie hat uns kürzlich ihr leid geklagt, weil sie an die Grenzen des Systems gestoßen ist und ziemlich verzweifelt war, sich gesetzeskonform zu verhalten und auch den Arbeitgeber nicht zu verärgern. Die eigentlich gesundheitlich sonst recht robuste Mama hat es erwischt, sie lag mit Corona, Fieber und Gliederschmerzen tagelang flach. Ihr kennt das, da ist selbst an kleine Aktivitäten, Kinderbetreuung oder den Haushalt kaum zu denken.
Also musste Papa ran und die beiden Kinder in den Kindergarten bringen. Eigentlich ja kein Problem. In der KiTa lief der Betrieb auch schon auf Notbetrieb durch eine reduzierte Betreuung, weil die Grippewelle auch vor den Erzieherinnen nicht halt gemacht hatte. So war neben der Schließung um 13 Uhr auch darum gebeten worden, Kinder in den eigenen vier Wänden zu betreuen.
Eltern über das Kind krankschreiben
Um die Situation also zu lösen und die Kinder adäquat zu versorgen, blieb nur die Möglichkeit übrig, mit der ganzen Familie zuhause zu bleiben. Kniffelig wurde der Fall, weil der Arbeitgeber des Vaters verständlicherweise einen gelben Schein sehen wollte. Zu Corona-Zeiten war das alles nie ein Problem, aber dieses mal wurde es tricky: Der Hausarzt verweigerte die Krankschreibung, weil der Vater ja gesund war. Und auch der Kinderarzt schüttelte den Kopf, weil die Kinder ja auch gesund waren. Andernfalls wäre eine Krankschreibung über ein Kind möglich gewesen, solche Fälle sind über das Kinderkrankengeld berücksichtigt und abgedeckt.
Hier war der Papa tatsächlich verzweifelt, denn es gab keine legale Möglichkeit, sich für die Betreuung der Kinder krankschreiben zu lassen. Vielleicht war es im Nachhinein auch ein Fehler, direkt mit offenen Karten zu spielen und den Ärzt*innen die Situation zu schildern. Denn so wird ein Attest auch immer Ermessenssache der Mediziner. Traurig eigentlich, dass man mit einer Notlüge offensichtlich einfacher zum Erfolg kommt. Am Ende einigte sich der Papa auf dem kurzen Dienstweg mit seinem Arbeitgeber, so dass er drei Tage zuhause bleiben konnte. Aber es behält einen faden Beigeschmack. Daher wollen wir euch dazu mehr Infos geben.
Haushaltshilfe per Gesetz
So wie der beschriebenen Familie geht es vielen Eltern insbesondere mit jungen, betreuungspflichtigen Kindern. Das ist auch den Krankenkassen nicht verborgen geblieben. Es mehren sich die Besuche von Eltern im Kundencenter, die in einer ähnlichen Lage sind. Tatsächlich vermitteln die Kassen entsprechend der Gesetzgebung in so einem Fall eine Haushaltshilfe. Mit Unterstützung eines Beraters oder einer Beraterin lassen sich die online oder telefonisch beantragen. Sprecht dazu am besten direkt mit eurer Krankenkasse.
Auch mit dieser Option klärt sich das Problem natürlich nicht über Nacht, denn oft dauert es Tage oder sogar Wochen, bis eine verfügbare Haushaltshilfe gefunden ist. Für einen kurzfristigen Engpass durch einen Krankheitsfall bei der Mutter oder in der KiTa würde das also auch nicht wirklich helfen. So eine Betreuungsform bietet sich somit eher bei planbaren Ausfällen wie einer Operation an. Am Ende bleibt für den überraschenden und kurzfristigen Ernstfall nur eine Freistellung durch den Arbeitgeber. Wenn der verständnisvoll reagiert, lassen sich durch Überstundenabbau, Urlaub oder ein Fernbleiben ohne gelben Schein sicherlich passende Lösungen finden.
Viel einfacher wäre der Fall, wenn das Kind krank ist. Dann darf eine Mutter oder ein Vater gemäß Paragraf 45 Abs. 3 SGB V von der Arbeit fernbleiben, wenn ein Kind nach Auffassung eines Kinderarztes oder einer Kinderärztin zu Hause betreut werden muss. Der Arbeitgeber muss dann kein Gehalt zahlen, das übernimmt die Krankenkasse durch das Kinderkrankengeld. Und zwar in Höhe von 70 Prozent des vorherigen Bruttoverdienstes, begrenzt auf 90 Prozent vom Netto.
Für Eltern gibt’s je 15 Tage Kinderkrankengeld
Früher gab es noch pro Elternteil und Kind zehn Kinderkrankentage pro Jahr, während der Corona-Pandemie wurde dieser Anspruch auf 30 Tage erhöht. Und auch jetzt nach der Pandemie wird es laut Bundesgesundheitsministeriums mehr Kinderkrankentage geben als vor Corona. Pro Kind und Elternteil sind jeweils 15 Tage möglich. Alleinerziehende haben den doppelten Anspruch.
Noch einfacher für Eltern möchte es Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach durch einen neuen Vorstoß machen. Er setzt sich dafür ein, dass Eltern sich künftig für die Pflege kranker Kinder telefonisch von der Arbeit freistellen lassen können. Das Ergebnis soll schnelleres Handeln und weniger Bürokratie sein. Außerdem werden so die Arztpraxen entlastet und die Ansteckungsrisiken verringert. Eine telefonische Krankschreibung für Berufstätige ist schon seit Anfang Dezember 2023 wieder möglich.
Erst ab dem vierten Krankheitstag soll der Arztbesuch nach Lauterbachs Plänen notwendig sein. Noch in diesem Winter 2023/24 wünscht er sich eine Umsetzung und sollte damit vielen Eltern aus der Seele sprechen.
Eine Lücke im System
Für unseren beschriebenen Fall sind die ganzen Ideen im akuten Notfall noch nicht wirklich eine Hilfe. Denn selbst wenn die Krankschreibung über das Kind vorgelegen hätte, bräuchte die nicht berufstätige Mutter als „haushaltsführende Person“ noch eine Krankmeldung von ihrem Hausarzt. Insofern sind bisher nicht alle Eventualitäten komplett geregelt. Im kurzfristigen und unvorhersehbaren Krankheitsfall braucht es immer noch die Abstimmung mit dem Arbeitgeber.
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