Unsere Gastautorin Anna war wieder mit der Familie im Wohnwagen auf Achse. Dieses Mal in der Schweiz. Ihre Erlebnisse hat sie in einem mehrteiligen Reisebericht für Euch zusammengefasst. Nach den Teilen 1, 2 und 3 ist hier nun der vorletzte Teil 4.
Etappe: Drei-Seen-Land
Bonjour und Guten Tag! Bienvenu und willkommen!
Der Weg zu unserem nächsten Campingplatz am Fuß des Jura führt uns vorbei an zwei nah beieinander liegenden kulinarischen Hotspots: In der Schaukäserei „La Maison du Gruyère“ erfahren wir mit allen Sinnen viel über die lange Tradition des Käsemachens und verkosten unterschiedlich alten Gruyère. (Unser Fazit: je älter desto besser.)
Nur wenige Kilometer weiter erwartet uns im Maison Cailler in Broc ein besonders süßes Abenteuer. Wir tauchen ein in die Geschichte der Schokolade, entdecken, wie aus Kakaobohnen und weiteren Zutaten edelste Schokoladenkreationen werden. Und am Ende unseres Rundgangs dürfen wir soviel Schokolade essen wie wir wollen! Köstlich!
Bienne oder Biel – wie man will
Bis zum eigentlichen Ziel des Tages, dem Campingplatz Le Landeron, ist es von Broc nur noch eine gute Stunde. Am Ufer des Bieler Sees, auf halber Strecke zwischen Biel und Neuenburg, liegt er direkt an der französisch-deutschen Sprachgrenze. Die Kinder, die ohnehin schon fasziniert-irritiert die Sprachenvielfalt dieser Schweiz zur Kenntnis genommen haben, stellen fest, dass in Biel beide Sprachen wirklich gleichberechtigt gesprochen werden und dass auch jedes Straßenschild zweisprachig ist.
Die Uhrenmetropole Biel hat viele Gesichter. Am See liegt der moderne Teil der Stadt mit Hochhäusern, auf einer leichten Anhöhe befindet sich die intakte Altstadt römischen Ursprungs, durch die wir einen wunderschönen abendlichen Bummel machen.
Klein aber fein: Neuchâtel
Nach Neuenburg bzw. Neuchâtel fahren wir am Tag darauf. Der Blick über den Neuchâteler See auf das Alpenpanorama ist einzigartig. Ganz im Osten ist der Titlis zu erahnen, auch Eiger, Mönch und Jungfrau sieht man und bei gutem Wetter, ganz im Westen, könnten wir sogar den Mont Blanc entdecken. Dennoch reißen wir uns los, machen eine 180°-Drehung und spazieren in die in gelbem Sandstein erbaute Altstadt von Neuchâtel. Mit seinen 32.000 Einwohnern und seiner südländischen Atmosphäre ist das tausendjährige Neuchâtel ein relaxtes Städtchen mit unglaublich viel Charme. Wir schlendern durch seine engen Gassen und über die gepflasterten Plätze mit den lebendigen Cafés, entdecken kleine Hinterhöfe und hübsche Brunnen, prachtvolle Anwesen und Gewölbekeller – und natürlich das Schloss und die Stiftskirche, die zu den Highlights dieser Stadt zählen.
Über Treppen und Kopfsteinpflaster kommen wir oben am Château an und pausieren auf einer Bank, auf der angeblich schon Balzac saß, um mit seiner Angetrauten einen lauschigen Abend zu verbringen. Das aber hat meine Kinder weniger beeindruckt als das kleine physikalische Schmankerl, das der Torbogen des Schlosses zu bieten hat: Wer hier zu zweit vorbeikommt, darf nämlich feststellen, dass der Schall über den Torbogen von einer Seite zur anderen geleitet wird.
Highlight: Hauptstadt
Am nächsten Tag steht Bern auf dem Programm. Und dieser Ausflug in die nur knapp 50 km entfernte Hauptstadt sollte zu einem weiteren Highlight der Reise werden. Nach der obligatorischen Tour durch die mittelalterliche Innenstadt mit ihren Brunnen, Gassen und historischen Türmen, vorbei am Bundeshaus, das wir ja en miniature bereits am Anfang der Reise bewundert hatten, beeindruckt uns vor allem der Blick von oben. In einem Schwumm fließt die Aare smaragdgrün und mit ordentlicher Strömung einmal rund um die Unesco-gekrönte Altstadt. Und sie ist so sauber und klar, dass man die Kieselsteine zählen könnte, die auf dem Flussgrund liegen. Sie lockt uns also hinunter an ihr Ufer am Tierpark Dählhölzli, wo wir eine Weile dem Treiben im Fluss zusehen: Familien, Studentinnen, Rentner, Berufstätige – sie alle lassen sich von der Strömung durch die Aare treiben. Die einen haben ihre Kleider in einem wasserdichten Sack bei sich, so dass sie an der einen Stelle ins Wasser steigen und an einer ganz anderen wieder rauskommen können. Die anderen sieht man in Badehose und Bikini am Ufer stromaufwärts laufen. In Nullkommanix haben auch meine Kinder die Badesachen an.
Da der Hund Wasser hasst und einer ohnehin die gesammelten Kleider, Schuhe & Co. stromabwärts tragen muss, bleibe ich angezogen. Obwohl sie alle gute Schwimmer sind, ist mir nicht ganz wohl bei dem Gedanken, sie der Strömung zu überlassen. Man benötigt schon ein bisschen Kraft in den Armen und Beinen, um quer zur starken Strömung zur Ausstiegsstelle zu gelangen. Da zwei Berner meine Not mitbekommen, bieten sie uns an, meinen Mann und die Kinder zu begleiten. Und dann gibt es kein Halten mehr. Auf 1, 2, 3 stürzt sich die Truppe ins kühle Nass und entsteigt ihm nur wenige Minuten später 2 km flussabwärts am Berner Stadtbad – glücklich, stolz und mit einem einzigartigen Erlebnis im Herzen.
INFOS & ADRESSEN
DREI-SEEN-LAND
Camping des Pêches, 2525 Le Landeron
Käserei-Besichtigung
Schokoladen-Manufaktur