Erziehung

So geht’s: Kinder aufklären über Bienen, Blumen und Sex

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Ich erinnere aus der eigenen Kindheit, dass dieses „Kinder aufklären“ bei uns damals eine große Sache war. So nach dem Motto: „Bist Du schon?“. Denn meist war es ein einziges Gespräch mit der Mama oder dem Papa, bei dem alle wesentlichen Informationen auf die eigene Festplatte geschoben und abgespeichert wurden. Danach wusste man Bescheid, warum sich Menschen küssen und warum Jungs irgendwann die Badehose zum Schwimmunterricht schon untergezogen haben. Denn die Aufklärung von Kindern hat auch mit Schamgefühl und Infos zu tun, die man als Kind vielleicht noch gar nicht hören will. Heute ist das Thema deutlich komplexer. Daher haben wir ein paar Tipps für euch Eltern.

Schuld an den veränderten Bedingungen sind natürlich wieder mal die Medien. In unserer Kindheit waren sexuelle Impulse die Bikinifrauen im Otto-Katalog und Heather Thomas im Vorspann von „Ein Colt für alle Fälle“. Härterer Stoff in Form von Heftchen wurde dann erst viel später nach dem Fußballtraining rumgereicht. Bewegtbild gab es erst ab „Tutti Frutti“ auf RTL. Insofern waren wir als Kinder gegenüber Einflüssen von außen relativ safe.

Heute ist das mit dem „Kinder aufklären“ alles anders. Da ist der Hardcoreporno online nur einen Mausklick von der Mathe-App entfernt. In Werbespots geht es schon deutlich vor der Primetime sexy zur Sache und selbst bei The Voice of Germany werden anzügliche Zoten gerissen. Da guckt man dann von der Seite auf seine Kinder und weiß nicht genau, ob man die Ohren und Augen zuhalten sollte – oder einfach umfänglich aufklären. Denn neben den reinen Informationen geht es ja auch darum, sein Kind durch ausreichend Selbstliebe zu einem selbstbestimmten und selbstbewussten Wesen zu machen. Auch in der Liebe. Aber von Anfang an…

Wenn ihr Kinder aufklären wollt, kann das auch spielerisch passieren
© Gaelle Marcel (Unsplash)

Welche Fragen sollte ich beantworten?

Im Alltag werden euren Kindern viele Fragen und Themen begegnen, die sich mit Liebe und Sex befassen:

  • wo kommen die Babys her?
  • wie kommen sie in Mamas Bauch?
  • was ist Homosexualität?
  • wie verhüte ich?
  • warum küssen sich immer alle?
  • wie bezeichnet man die primären Geschlechtsmerkmale korrekt?
  • ab wann kann ich mich verlieben?

Spätestens, wenn eure Kinder euch solche Fragen stellen, dann solltet ihr eine passende Antwort darauf parat haben. Und zwar altersgerecht. Damit ist zum Beispiel gemeint, dass bei kleinen Kindern oft schon eine kurze Antwort ausreicht. Kinder kommen aus Mamas Bauch. Punkt. Wie sie da reinkommen und wie genau sich der Weg nach draußen gestaltet, hat als Information noch etwas Zeit. Ältere Kinder lassen sich mit diesen knappen Infos nicht abspeisen. Da müsst ihr die Kinder aufklären, indem ihr etwas mehr über die Biologie und Psychologie preisgebt.

Wann solltet ihr Kinder aufklären?

Wir empfehlen euch, nicht nur dieses eine Gespräch zu führen. Die Aufklärung der Kinder ist ein langfristiger Prozess mit verschiedenen Etappen, der somit auch ein dauerhafter Teil der Erziehung ist. Aber spätestens, wenn eure Kinder in die Grundschule kommen, sollten sie über den Wissensstand der Bienen und Blumen hinaus sein. Dann sollten sie wissen, wie Babys entstehen. Denn auf dem Schulhof kann dieses Thema durchaus diskutiert werden, in welcher Ausprägung und Intensität auch immer. Und dann sollten eure Kinder Bescheid wissen. Zum Mitreden und um sich die Erkenntnisse nicht durch die Erzählung anderer Kinder reinzuziehen.

Hilfreich ist, wenn ihr nicht zum Gesprächsabend einladet, sondern eher beiläufig über Sexualität sprecht. Dann zwingt ihr eure Kinder nicht in den Dialog, sondern vermittelt die Themen auf natürliche Art und Weise. Kinder aufklären und über Sex reden sollte nicht peinlich, sondern positiv belegt sein.

KiTa-Kinder

Lasst eure Kinder im Alter bis etwa sechs Jahren mit den Fragen auf euch zukommen und antwortet nicht zu detailliert. Für Penis und Scheide sind auch noch verniedlichende Kosenamen erlaubt. Und über Sex und Liebe müsst ihr keine langen Monologe halten. Das sich aber Menschen lieben und das dafür auch nicht nur Mann und Frau sondern auch andere Konstellationen denkbar sind, das könnt ihr gern schon vermitteln. In dieser Phase stehen Kinder auch manchmal auf Doktorspiele oder schnappen Worte wie „bumsen“ auf, die sie dann durch den KiTa-Flur skandieren. Bleibt dabei locker, je verbotener etwas ist, umso reizvoller ist es.

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© Ivan Lapyrin (Unsplash)

Grundschulkinder

Bevor der Flurfunk eure Kinder mit Informationen zu primären Geschlechtsmerkmalen und Dingen unter der Bettdecke versorgt, solltet ihr selbst eure Kinder aufklären. Jetzt ist es angebracht, von Busen, Penis und Scheide zu sprechen. Vielleicht hilft euch auch ein Buch dabei, die Themen verständlich und kindgerecht zu vermitteln. Körperliche Liebe sehen eure Kinder jetzt spätestens in Tiersendungen. Und küssende und kuschelnde Paare begegnen ihnen auch täglich. Ein guter Anlass, hier tiefer einzusteigen, auch wieder mit positiven Assoziationen und Gefühlen.

Kinder ab Klasse 5

Mit zehn Jahren wechseln Kinder auf die weiterführende Schule. Und bei den ersten geht es nun los mit den ersten Ausläufern der Pubertät. Der Busen wächst und erste Haare sprießen, während abends noch das liebste Kuscheltier im Arm gehalten wird. Auf körperliche Veränderungen solltet ihr eure Kinder vorbereiten. Warum springen Jungs beim Schwimmunterricht manchmal spontan ins kalte Wasser? Warum wächst die Brust und wo wachsen überall Haare? Dazu kommt dann noch das Gefühlschaos. Vielleicht schwärmt euer Kind bereits für jemanden aus der Klasse oder einen Star. Dann lernt es auch die emotionale Ebene kennen. Wenn ihr die Kinder umfassend aufklären wollt, sollte diese Ebene immer eine Rolle spielen.

Ihr solltet außerdem die Intimsphäre eurer Kinder wahren. Vielleicht habt ihr bisher das Bad oder die Umkleidekabine im Schwimmbad geteilt. Respektiert es, wenn euer Kind von nun an allein sein möchte.

In der Pubertät

Wenn euer Kind alle vorherigen „Stationen“ durchlaufen hat, dann weiß euer Teenager wahrscheinlich schon ziemlich gut Bescheid. Zum Start der Pubertät ist es dann noch wichtig, ein Verantwortungsbewusstsein zu schaffen und für Hygiene und Verhütung zu sensibilisieren. Dazu gehört für Töchter auch die Information bezüglich des Frauenarztes und der Menstruation. Und da nun auch bei Kindern „Das erste Mal“ möglich wird, sollte euer Kind auch auf dieses Erlebnis vorbereitet sein, indem es Bescheid weiß. Sollte euer Kind dem Gespräch mit euch in dieser Phase aus Schamgefühl aus dem Weg gehen, könnt ihr entsprechendes Material (s.u.) beschaffen und stets eure Gesprächsbereitschaft signalisieren. Drängt nicht auf den Dialog, Kinder aufklären braucht das richtig Timing.

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© James A. Molnar (Unsplash)

Was gilt es zu vermitteln?

Der Sex, der euren Kindern später auf Handyvideos begegnen wird, entspricht nicht der Realität, ein Porno sollte nicht der Maßstab sein, an dem sich Mädchen und Jungs orientieren. Daher gehört zum Kinder Aufklären auch dazu, dass nur Dinge erlaubt sind, die beiden gefallen und bei der auch Sinnlichkeit, Gefühl und Berührungen eine Rolle spielen. Kein Mädchen muss einen Jungen küssen. Und es gibt auch noch viel mehr als Körperlichkeit. Nämlich Gefühle und die sinnliche Seite. Auch das gehört dazu, wenn ihr Kinder aufklären wollt. Wie fühlt sich „verliebt sein“ an und was passiert mit dem Körper? Je ungezwungener und natürlicher die Gespräche bei euch ablaufen, umso entspannter wird euer Kind mit den Themen umgehen. Sex und Liebe ist normal und etwas Schönes und ein positives Körpergefühl hilft dabei, es auch genießen zu können.

Toleranz ist sehr wichtig

Damit euer Kind seinen Platz in der Gesellschaft findet und zu einem glücklichen und selbstzufriedenen Erwachsenen herauswächst, ist Toleranz ein wichtiger Aspekt. Wir sollten nicht mehr in Schubladen denken, Menschen nicht nach Äußerlichkeiten oder Vorlieben bewerten und das Denken in Blau und Rosa ablegen. Vielleicht fühlt sich euer Sohn in der Grundschule zu einem anderen Jungen hingezogen. Das ist nichts Schlimmes oder Verbotenes, sondern etwas Schönes und Aufregendes. Und so solltet ihr es auch behandeln. Und das gilt für alle Arten der Gefühle. Nehmt eure Kinder ernst und unterstützt sie auf ihren Wegen.

Unterstützendes Material

Wenn ihr Kinder aufklären wollt, gibt es etliches Material. Bücher und Broschüren sind immer eine gute Möglichkeit. Da gibt es recht viel Material bei der „Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung„. Außerdem gibt es eine Vielzahl an Büchern. Wir hatten das hier und fanden das super:

Sollten eure Kinder Fans von Checker Tobi sein, hilft vielleicht auch sein Liebe- und Knutschen-Check auf youTube. Aber lasst die Aufklärung nicht komplett von anderen erledigen.

Fazit

Wenn ihr eure Kinder aufklären wollt, dann ist das kein Sprint, sondern ein Langlauf. Fangt rechtzeitig mit kleinen Häppchen an. Fragt eure Kinder, was sie schon zu einem Thema wissen. Dann kommt ihr recht schnell in ein Gespräch. Überfrachtet sie nicht mit Infos und zwingt sie auch nicht in einen Dialog. Wichtig ist, dass ihr den Kindern Toleranz vermittelt. Akzeptiert die Intimsphäre und seid jederzeit mit Rat und Tat an der Seite eurer Kinder. Begleitet sie auch immer, wenn sie neue Medien ausprobieren, bis sie souverän damit umgehen. Sprecht über den Sex nicht allein als einen technischen Vorgang, sondern macht auch die Gefühle deutlich, die damit verbunden sind. So schafft ihr einen positiven Bezug zur Sexualität und zum eigenen Körper.

Euer Kind muss wissen, dass sein Körper nur ihm allein gehört und das ein „Nein“ zu respektieren ist. Dazu braucht es natürlich auch den Mut, dieses Nein auszusprechen.

Titelbild © Annie Spratt (Unsplash)

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