Sechserpäckchen +1

Kolumne: Sechserpäckchen +1 – „Schachmax“

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Maximilian ist ein König. Nein, ganz falsch. Max beschützt einen König. Nicht irgendeinen, sondern den aus dem Reich der Brettspiele. Damit verdichten sich die Hinweise, dass Max… genau, Schach spielt. Angefangen hat er damit vor ungefähr einem Jahr. Vielleicht hatte es damit zu tun, dass er zufällig Medienprodukte von Springer in die Hand und solche zu Essen von Bauern in den Mund bekommen hat. Und dass ihn beim morgendlichen Sprint aus dem Haus zufällig ein Läufer überholt hat, der noch dazu vorher einer Dame seine höfliche Aufwartung gemacht hat. Nicht sehr wahrscheinlich, all das, aber irgendwas muss ihn doch bewogen haben, es auch noch mit Schach zu probieren. Da fällt mir ein, es könnte auch mit seinem partiellen Selbstverständnis als gekröntes Haupt universellen Wissens zu tun haben. Also ungefähr nach dem Motto, wenn schon König, dann will ich gefälligst auch Zugriff auf eine Miniaturausgabe haben. Und den hat er jetzt. Nein, ganz falsch. Den hat er seit ungefähr einem Jahr. Wobei ich mir gut vorstellen könnte, dass er seinerzeit zunächst vor allem auf die Damen im Spiel geschielt hat. Noch keine elf Jahre alt, aber mit einem Vokabular für echte Herzensangelegenheiten ausgestattet, mein lieber Schwan. Nein, ganz falsch. Du liebe Güte…!

Auf ein mögliches Missverständnis läuft derzeit demnach so gut wie nichts hinaus. Schach gilt seit jeher als Spiel der Könige, warum also sollte sich dieser Einschätzung ausgerechnet Max verweigern? Außerdem war es äußerst beliebt bei echten Rittern. Zu deren Tugenden zählten unter anderem Mut und Höflichkeit. Beides kann sich Max zugutehalten: Mut, immer wieder gegen mich im Schach anzutreten. Und die Höflichkeit, mir auch bei vorzeitigem Verlust nahezu aller wichtigen Figuren nicht gleich einen Vogel zu zeigen. Oder mit dem Einsatz kleiner taktischer Atomwaffen zu drohen, wie sie ja neuerdings wieder geeignet scheinen, sich einen Krieg als ein Explosiönchen da, ein ersticktes Kinderlachen dort vorzustellen. Auf dem Holzweg zu sein, ist das eine. Das andere ist der zynische Irrglaube daran, mit einer womöglich begrenzten Opferzahl einen vermeintlichen Sieg zu erringen. Das Schachspiel kennt am Ende Schachmatt. Der Krieg am Ende nur Opfer, lebendig und tot. Jene aber, die meinen, Krieg sei bloß ein um realistische Attribute erweitertes Spiel, die bekennen sich zu durchgängiger Verantwortungslosigkeit. Nicht gerade das, wonach Kinder fragen, wenn es um die Aussichten für ein Leben frei von komplett unnötigen Ängsten geht…

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Am Springer scheiden sich ja die Geister. Der eine hält ihn für komplex und mysteriös, der andere einfach nur für kompliziert und überflüssig. Max jedenfalls kann recht gut mit ihm umgehen und hat sein überraschendes Potential längst erkannt. Das des Läufers ebenso, auch wenn sich bei ihm ein eher schräges feststellen lässt. Die Dame aber, die ist ihm das Liebste, das Herzallerliebste vielmehr, was wohl seinen Absichten aus dem wahren Leben geschuldet ist. Dass richtige Damen manchmal am liebsten auch nur spielen wollen, ohne dass es deswegen auch eine Menge Spaß macht, kann er ja noch nicht wissen. Muss er aber auch nicht, kommt Zeit, kommt Einsicht. Für Max ist es zunächst wichtig, die Zugvielfalt der hochgewachsenen Schachdame zum eigenen Vorteil zu nutzen. Und die belanglos scheinende Bauernriege anzustiften zu einer angriffslustigen Horde böser Buben. Zu den Türmen muss nichts weiter gesagt werden, außer vielleicht: Sich überwiegend am äußersten rechten oder linken Rand zu bewegen, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Bleibt der König. Der zu beschützende, wohlgemerkt. Und wie das am besten zu bewerkstelligen ist, dafür hat sich Max weniger auf einen steinigen als vielmehr auf einen schwarz-weiß gemusterten gemacht. Ein sehr langer Weg, wie meine wiederholt hübsche Sammlung seiner Figuren neben dem Brett beweist. Oder das hässliche Wort Schachmatt. Was in der Regel den Sturz des Königs bedeutet. Aber Max wäre nicht Max, würde er nicht jedes Mal wieder aufstehen…

In Springer und Läufer Vorbilder zu erkennen, auf diese Idee käme Max niemals. Der eine einfach nur verquer, und immer nur Davonlaufen kann ja wohl keine Option sein. Die Dame in dieser Funktion allerdings, die würde ihn schon nachhaltig beeindrucken. Zumeist eng an der Seite des Königs, stets die verlässlichste Dienerin seiner Majestät. Schon im wahren Leben weichen seine Vorstellungen von einer gelingenden Beziehung nicht so weit davon ab, und sei es für den Anfang nur die zwischen Mutter und Sohn. Aber dafür die von einem gelingenden Spielverlauf, weshalb sie ihn davon abhalten, endlich einmal zu gewinnen. Gäbe es doch nur die Figur einer beleidigten Leberwurst, Max würde ich darin garantiert nicht wiedererkennen!

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