Im letzten Jahr kletterte der Fiat Freemont etwas überraschend auf’s oberste Treppchen unserer besten Familienautos. Jetzt gab’s für uns mit dem Voyager wieder ein Modell, welches ursprünglich vom Autohersteller Chrysler konzipiert wurde und derzeit unter der Flagge von Lancia zu bekommen ist. Allerdings wird diese Marke aus dem Fiat-Konzern in Kürze eingedampft. Fragt sich also, wer den Minivan in Zukunft auf die Straße bringt. Denn verdient hätte er es. Aber fangen wir vorne an.
Der erste Eindruck
Familienautos sind meist recht gewaltig. Das macht Sinn, denn nur so bieten Sie genug Platz für Kindersitze, viele Mitfahrer und das meist üppige Equipment für die ganz Kleinen. Der Lancia Voyager ist da keine Ausnahme, denn das Fahrzeug ist ähnlich lang wie seine komplette Modellbezeichnung in der Überschrift. Mit einer Länge von 5,21 Meter, einer Breite von 1,98 Meter und einer Höhe von 1,75 Meter ist er nicht unbedingt ein agiler Stadtflitzer. Dafür bietet er mächtig Komfort.
Für die Insassen fühlt sich eine Fahrt an wie ein Flug im kleinen Privatjet. Edle Beleuchtung, komfortable Sitze und ein durchdachtes Interieur mit vielen intelligenten Ablagefächern machen das Reisen zu einem entspannten Erlebnis. Und sogar ein Tisch lässt sich an den hinteren Sitzen herunterklappen. Fehlt nur die Stewardess mit passendem Tablett.
Der Außencheck
Von außen gefällt mir der Lancia Voyager extrem gut. Keine Schnörkel, kein Spielkram. Amerikanisches Design ohne prolligen Touch. Nicht ohne Grund war der Chrysler Voyager jahrelang der Inbegriff des Multi Purpose Vehicle (MPV). Xenon-Scheinwerfer sind von der Variante abhängig, 17“-Leichtmetallfelgen gibt es auf jeden Fall serienmäßig. Nur die silbernen Spiegelkappen waren aus meiner Sicht ein bißchen „too much“. Aber das ist Geschmackssache.
Komfort-Features
Die Kids – von klein bis groß – fühlen sich wie VIPs im durch Privacy Verglasung abgedunkelten Innenraum. Bei noch stärkerer Sonneneinstrahlung lassen sich hinten die in der Tür integrierten Sonnenverkleidungen herausziehen. Optimaler Schutz für Eure Jüngsten. Und auch bei Kälte gibt’s sogar für die Rückbank das helfende Feature: beheizbare Sitze. Überhaupt sitzt es sich im Lancia Voyager verdammt gut. Vorne mit Armlehne und beheiztem Lenkrad, alle Armaturen gut angelegt und erreichbar.
Etwas kompliziert ist der Einstieg, um auf den beiden Sitzen der hintersten Reihe Platz zu nehmen. Auch wenn sich die mittleren Sitze in einer beeindruckenden Falttechnik flott zusammenklappen. Sehr hilfreich sind die beiden automatischen Schiebetüren an den Seiten, die das Ein- und Aussteigen sehr erleichtern, weil sich die Tür sehr weit öffnen lässt.
Interieur
Das Interieur ist auf das Wesentliche reduziert und kommt ohne optischen SchnickSchnack aus. Das gefällt. Lediglich die Holz-Dekoreinlagen und die etwas deplatziert wirkende analoge Uhr, die sofort den Blick auf sich zieht, würden wir ersetzen oder weglassen. Ansonsten gibt’s ein aufgeräumtes Cockpit mit in’s Armaturenbrett integrierten Automatik-Schaltknauf. Auch hier erkennt man den amerikanischen Touch.
Viele große Ablagefächer, beleuchtete Getränkehalter sogar für 1-Liter-Flaschen sowie USB-Anschluss und Steckdosen machen den Lancia Voyager zu einem prima Tourer. Hinten sorgen Leselampen und Ablagen in der Dachkonsole wieder für Business Class Feeling.
Im Kofferraum
Solange alle drei Sitzreihen genutzt werden, bleibt nur ein recht spärlicher Kofferraum. Unser sperriger Kinderwagen konnte gerade eben noch hochkant eingepackt werden. Für noch mehr Gepäck hätte es dann nicht mehr gereicht. Das ist aber für einen mittelgroßen Einkauf, die Golftasche oder einen Tagesausflug mit Kind absolut ausreichend. Wer dann aber den Einkauf aus dem Schwedischen Möbelhaus oder mit der Familie zum längeren Urlaubstrip aufbrechen möchte, der drückt einfach den entsprechenden Knopf im Kofferraum – und schon „verstaut“ sich die letzte Sitzbank in wenigen Sekunden komplett in der Ablage und sorgt so für ein Platzangebot, welches locker zwei Leuten Raum zum Schlafen geben könnte.
Unter der Haube
Es gibt den Lancia Voyager mit zwei Motorisierungen: den 2.8 Liter-Diesel mit 163 PS und den 3.6 Liter V6 Benziner mit 283 PS. Wir sind die kleinere Variante gefahren. Und halten das für ein Familienauto für völlig ausreichend. Denn schon bei diesem Modell machte sich an der Zapfsäule nach den gut 500 Testkilometern erste Ernüchterung breit, denn unser Durchschnittverbrauch lag oberhalb von 13 Litern. Wir sind fast nur in der Stadt unterwegs gewesen. Aber das sind Familien ja auch.
Mit mehr Autobahn-Anteil hätten wir den Verbrauch bestimmt deutlich gesenkt, aber weit unter elf Liter wäre es sicherlich kaum gegangen. Und das wird dann auf Dauer schon ein ziemlicher Batzen, wenn man den Lancia Voyager wirklich als Alltagsauto fährt. In der Version als V6 geht’s dann wahrscheinlich deutlich oberhalb der 15 Liter los mit dem Verbrauch.
Ausstattungsvarianten
Zu bekommen ist der Lancia Voyager in drei Ausstattungslinien. Unabhängig von der gewünschten Motorisierung kostet die Version Silver 38.490 EUR, die Version Gold 41.690 EUR und das edelste Modell Platinum 46.590 EUR. Die kleine Variante bietet zwar gleich viel Platz und Fahrleistung, aber deutlich weniger Komfort. Die Schiebetüren funktionieren noch manuell, die Sitzheizung fehlt und Parksensoren hinten sind auch Fehlanzeige. Ein eigentlich notwendiges Feature bei diesen Ausmaßen. Insofern ist das Modell Gold eigentlich das Minimum. Hier gibt es eigentlich schon fast alle Ausstattungsmerkmale, die für Fahrspaß und Gemütlichkeit sorgen.
Gimmicks wie die Rückfahrkamera statt des Warners sowie die elektrisch umklappbare dritte Sitzreihe ist dem Platinum-Paket vorenthalten, muss aber nicht sein.
Grundsätzlich wären Parksensoren vorne auch clever. Die scheint es gar nicht zu geben. Auf jeden Fall macht es mit älteren Kids und geplanten längeren Urlaubstouren Sinn, nochmal 2.150 EUR für das BluRay-DVD-Entertainmentsystem draufzulegen. Dafür gibt es dann zwei ausklappbare, hochauflösende 9“ VGA-Bildschirme in der Dachmittelkonsole für die zweite und dritte Sitzreihe.
So sitzen die Kleinen
Dank der Schiebetüren und der hohen Sitzposition im Lancia Voyager lassen sich die Kleinkinder ganz einfach auf ihre Kindersitze setzen. Sie haben verdammt viel Beinfreiheit und eine gute Sicht in alle Richtungen. Vom Fahrersitz kommt man zwar kaum zu dem Kind, um vielleicht mal ein Spielzeug an der Ampel stehend aufzusammeln. Aber wenn ein Beifahrer hinten sitzt, lässt sich das Kind prima bespaßen. Der Gurt hat eine ausreichende Länge und lässt sich problemlos um den Kindersitz herumlegen.
Fazit zum Lancia Voyager Platinum
Der Lancia Voyager ist der Privatjet unter den Familienautos. Bequeme Sitze, viele elektronische Helfer, etliche Ablagefächer und in der teuren Version ein DVD-Entertainmentsystem machen den Italiener mit amerikanischer Abstammung zu einem echten Tourer. Für Kinder aller Altersgruppen gibt es Auto fahren auf höchstem Niveau. Wer jedoch inmitten einer Großstadt wohnt, der sollte sich einen Stellplatz mieten, denn der 5,20 Meter lange Van lässt sich nicht so einfach in jeder Lücke parken. Und mit einem Verbrauch von über 13 Litern im Stadtverkehr ist der Voyager auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht zu 100% zu empfehlen.
Wer sich dessen jedoch bewusst ist, der bekommt ein optisch ansprechendes Auto mit tollen Fahreigenschaften und viel Komfort im Innenraum. Und eins sei am Ende noch bemerkt: der Lancia Voyager war bisher der erste Testwagen, den meine Frau nicht mehr abgeben wollte. Und sie ist ihn auch selbst gefahren, war also nicht nur Beifahrer. Wenn das kein Kaufargument ist..
Hallo Kai,
ist der Kofferraum tatsächlich so klein, dass nur ein Kinderwagen reinpasst, wenn alle 3 Sitzreihen benötigt werden? Angeblich sollen dann noch über 900 l Gepäckraum zur Verfügung stehen. Beim meinem jetzigen Kombi mit nur 545 l geht neben einem Kinderwagen problemlos weiteres Urlaubsgepäck rein. Leider ist der Wagen für 3 Kindersitze auf der Rückbank zu eng.
Hatte den Voyager daher eigentlich auf meiner Einkaufsliste, da ich demnächst 3 kleine Kinder transportieren muss und neben einer 3 Sitzreihe auch noch Platz im Kofferraum für den Kinderwagen samt Zubehör benötige.
Lg Dennis
Hi Dennis,
der Kinderwagen zum Testen ist immer unser recht sperriger Emmaljunga. Und der passte tatsächlich nur hochkant in den Voyager. Vielleicht stimmt das mit dem Volumen. Dann ist das wahrscheinlich nach recht üppig, denn hoch ist der Lancia. Aber die Grundfläche des Kofferraums ist nicht so gewaltig. Am besten checkst Du das mal direkt bei einem Händler. Das Platzangebot empfindet ja auch jeder anders. VG Kai
Hallo Kai, bin gerade am Überlegen mir einen lancia voyager 2.8 crd 16v Gold platinum Version gebraucht mit 34000 km zu kaufen. Mich schrecken allerdings noch so einige negative Rezensionen im Netz ab, wo behauptet wird, er sei anfällig in der elektronischen Verarbeitung, hätte schlechte bremsen uvm. Wie ist deine Erfahrung nach etlichen Kilometer? Gruß Thomas
Hallo Thomas, ich war mit dem Lancia Voyager als Testwagen nur zwei Wochen unterwegs, das Modell war quasi neuwertig. Daher gab es noch keine Anzeichen für Mängel. Sicherlich stellen sich im Laufe der Nutzung die ersten Wehwehchen ein. Das konnte ich allerdings nicht testen. Sorry das ich da gar nicht helfen kann. VG
Hallo Kai,
Du schreibst, dass Lancia eingestampft werden soll. Woher hast Du diese Information? Wir überlegen grad, ob wir uns einen Dicken kaufen sollen, aber wenn die Marke verschwindet möchte ich schon gerne wissen, woher ich dann Ersatzteile beziehen kann. Mein Freundlicher war ganz überrascht.
Danke und Gruß
René
Hallo René,
Anfang diesen Jahres ging eine entsprechende Meldung über den Ticker, zum Beispiel hier: http://www.n-tv.de/auto/Lancia-endgueltig-Auslauf-Marke-article12077671.html
Noch scheint aber nicht klar, wann es soweit ist. Und die Ersatzteilversorgung ist über den Fiat-Service ebenfalls gesichert. Also, schlag zu! VG Kai
Hallo Matthisa,
vielen Dank für den Test.
Das mit dem Spritverbrauch kann ich leider nicht nachvollziehen.
Ich fahren den Voyager in München, im Durchschnitt mit 8,5 Liter Diesel.
Ausserorts liege ich bei 7,2 Liter Diesel.
Viele Grüße
Michael
Hallo Kai,
Im ersten Satz meinst du sicher den Fiat Freemont Urban. Denn das Modell Namens Murano, stammt aus dem Hause Nissan. Ansonsten wieder ein sehr interessanter Daddylicious Beitrag! Macht weiter so – euer Blog ist einfach Super!
Viele Grüße
Matthias
Hey Matthias, Du hast natürlich Recht. Ich habe es geändert, vielen Dank für den Hinweis. VG Kai