Familienleben

Alarm: Immer mehr Nichtschwimmer in den Grundschulen

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Der Sommer steht vor der Tür und somit werden sich viele von euch demnächst an die Reiseplanung für die KiTa- und Schulferien machen. Dabei stehen meist Ziele auf der Wunschliste recht weit oben, die der Familie viel Badespaß bieten. Entweder durch einen Strand in der Nähe oder zumindest durch eine umfangreiche Poolanlage. Allerdings warnt die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), denn immer mehr Grundschüler:innen sind Nichtschwimmer und verfügen somit nicht über die erforderlichen Fähigkeiten, um auch mal unbeobachtet durch die Fluten zu toben. Eine erschreckende Entwicklung.

Da haben sich die Zeiten durchaus geändert. In meiner Kindheit in den 70ern und 80ern zählte der Freischwimmer neben dem Fahrradfahren zu den Dingen, die schon zur Einschulung in Klasse 1 erledigt wurden. Schließlich verbrachten wir als Kinder die meiste Zeit im Sommer auf zwei Rädern oder im Wasser. Vielleicht ist das aber auch nur die Wahrnehmung in meiner Bubble und es gab auch schon damals viele Nichtschwimmer. Zumindest führte die Schwimmbegeisterung in den Achtzigern zu einem Bäderboom, es entstanden viele auch kleine Hallenbäder. Leider hat hier der Gegentrend eingesetzt, viele Schwimmhallen schließen ihre Pforten.

DLRG-Studie über Nichtschwimmer

Im letzten Jahr hat die DLRG eine repräsentative Studie bei forsa in Auftrag gegeben, um mehr über die Nichtschwimmer in Deutschland herauszufinden. Zusammengefasst ergaben sich folgende besorgniserregende Ergebnisse:

  • Kinder aus ärmeren Verhältnissen sind häufiger Nichtschwimmer
  • Schwimmabzeichen: 58 Prozent der Zehnjährigen noch nicht sicher
  • Kein flächendeckender Schwimmunterricht in Schulen
  • Auf dem Land sind Schwimmbäder schlechter zu erreichen

Sicherlich hat die Pandemie zu der miesen Entwicklung beigetragen. Denn über einen langen Zeitraum waren Freizeiteinrichtungen wie Schwimmhallen geschlossen. Und somit fand in den letzten Jahren auch viel weniger Schwimmunterricht an Schulen und KiTas statt. So hat sich die Anzahl der Grundschüler:innen, die nicht schwimmen können, in den letzten fünf Jahren verdoppelt. Heute sind es 20 Prozent der Kinder im Alter zwischen sechs und zehn Jahren, die Nichtschwimmer sind.

Grafik 1920x1080 Das Kind besitzt folgendes Abzeichen
© DLRG

Ähnlich finster sieht es bei den Schwimmabzeichen aus. Das Seepferdchen stecken sich mittlerweile nur noch 54 Prozent der Kinder an den Badeanzug oder die Badehose – ganze 15 Prozent weniger als noch fünf Jahre früher. Dabei berechtigt das Seepferdchen ja noch nicht mal für den Besuch im tiefen Schwimmerbecken, sondern weist nur eine erste Grundfähigkeit nach. Daher findet auch DLRG Präsidentin Ute Vogt recht deutliche Worte und ermahnt Kommunen, trotz Energiekrise die Bäder nicht zu schließen:

„Wie Jungen und Mädchen lesen, schreiben und rechnen lernen, so müssen sie auch schwimmen lernen. Wir müssen dahin kommen, dass jedes Kind am Ende der Grundschule sicher schwimmen kann.“

Ute Vogt, DLRG Präsidentin

Tatsächlich besteht laut DRLG-Studie ein Zusammenhang zwischen der Einkommenssituation der Haushalte und der Schwimmfähigkeit der Kinder.

Mehr Nichtschwimmer in ärmeren Haushalten

Obwohl das Schwimmen und der Besuch eines Schwimmbades eigentlich keine kostspielige Aktivität ist, gibt es laut der von der DLRG beauftragten Umfrage einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Einkommen der Eltern und der Verteilung der Nichtschwimmer unter den Kindern.

Grafik 1920x1080 Schwimmfaehigkeit des Kindes nach Haushaltsnettoeinkommen

© DLRG

Mit 49 Prozent kann fast die Hälfte aller Kinder aus Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen unter 2.500 Euro nicht schwimmen. Der Anteil der Nichtschwimmer bei den Haushalten mit einem Nettoeinkommen oberhalb von 4.000 Euro liegt hingegen bei gerade mal 12 Prozent. Dazu sagt Ute Vogt: „Schwimmen zu können darf keine Frage des Geldes sein. Umso wichtiger ist es, dass jede Schule in die Lage versetzt wird, das Schwimmen angemessen zu unterrichten.“

Da bei uns alle Kinder schulpflichtig sind, könnten die Diskrepanzen nach Einkommen verringert werden. Denn die Unterschiede setzen sich auch in höheren Altersgruppen fort: In der Bevölkerung über 14 Jahren sind Menschen mit einem Hauptschulabschluss mit 14 Prozent dreimal häufiger Nichtschwimmer und Menschen mit einem Migrationshintergrund mit 9 Prozent doppelt so oft Nichtschwimmer als der Durchschnitt mit 5 Prozent.

Zahl der sicheren Schwimmer konstant

In der Umfrage hat sich ergeben, dass die Anzahl der Kinder, die von ihren Eltern als sichere Schwimmer eingestuft werden, mit 57 Prozent recht ähnlich ist zu der Zahl aus dem Jahr 2017 mit 59 Prozent. Allerdings liegt dem häufig eine Fehleinschätzung der Eltern zugrunde. „Mütter und Väter sind noch allzu oft der Meinung, ihr Kind kann schwimmen, wenn es das Seepferdchen hat“, sagt der Leiter Ausbildung im DLRG Präsidium, Christian Landsberg. „Da sind sie jedoch auf dem Holzweg. Das Seepferdchen bescheinigt das Beherrschen von wichtigen Grundlagen. Sicher schwimmen kann erst, wer den Freischwimmer, also das Schwimmabzeichen Bronze, abgelegt hat“, so Landsberg weiter.

Somit orientiert sich die DLRG bei der Beurteilung der Schwimmfähigkeit an der Anzahl der abgelegten Schwimmabzeichen. Und demnach sind mit 58 Prozent etwa sechs von zehn Kindern am Ende der Grundschule noch keine sicheren Schwimmer.

Die Zahl der Nichtschwimmer unter Grundschülern steigt weiter
© Malik Skydsgaard (Unsplash)

In der forsa-Umfrage im Auftrag der DLRG hab die Hälfte der 2.000 Befragten ab 14 Jahren an, selbst gut oder sehr gut schwimmen zu können. Dabei wurden keine Unterschiede zwischen Frauen und Männern offensichtlich. Allerdings fühlten sich Menschen über 60 Jahren mit 37 Prozent im Wasser weniger sicher als der Durchschnitt.

Gefahr einer weiter rückläufigen Bäderversorgung

Abgesehen vom Urlaub und dem Badesee sind Schwimmhallten und Freibäder entscheidend, um aus einem Nichtschwimmer einen begeisterten und sicheren Schwimmer oder eine Schwimmerin zu machen. Und so können sich 87 Prozent der Befragten recht glücklich schätzen, denn sie haben ein Schwimmbad in der näheren Umgebung, das gut zu erreichen sei. Vor fünf Jahren lag diese Zahl noch bei 92 Prozent. Insbesondere in ländlichen Gegenden und in Orten mit weniger als 5.000 Einwohnern ist die Entwicklung dramatisch, der Wert sank von 90 auf 78 Prozent.

„Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Trend bei der Bäderversorgung weiter in die falsche Richtung läuft“, sagt DLRG Chefin Ute Vogt und fordert: „Bund, Länder und Kommunen müssen nun endlich an einem Runden Tisch zusammenkommen.“ Dieser sollte eine bundesweite Bedarfsanalyse auf den Weg bringen, mit der die Grundlage geschaffen wird, um später die Mängel in der Bäderinfrastruktur systematisch zu beheben.

Wir können euch daher nur empfehlen, eure Kinder schon in der KiTa-Zeit bei einem Schwimmkurs anzumelden und auch selbst regelmäßig eine Schwimmhalle zu besuchen. Kinder sollten frühzeitig schwimmen lernen. Weil es verdammt viel Spaß macht und der Urlaub am Wasser so auch deutlich entspannter für euch wird.

Titelbild © Christo Anestev (Pixabay)

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