Kürzlich erreichte uns ein Gastbeitrag von Anke Behrendt, der Personal- und Feel-Good-Managerin bei Advoservice. Den fanden wir sehr wertvoll und hilfreich, daher haben wir ihn für euch aufbereitet.
Seit dem ersten Lockdown haben sich die Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer*innen in vielen Unternehmen massiv verändert. Bis dahin war das Homeoffice kaum verbreitet. Ab dann wurde es in den Unternehmen zum Standard, bei denen die Arbeit von Zuhause technisch möglich war. Gerade Eltern haben diese flexible „remote work“-Option begrüßt, weil sie lange Arbeitswege vermieden hat. Und Studien haben bewiesen, dass die Performance der Unternehmen auch nicht gelitten hat. Somit schlugen die Wellen im April 2022 aufgrund der Abschaffung der Homeoffice-Pflicht ziemlich hoch. Durch diesen Rückschritt in alte Arbeitsmodelle befürchteten viele Arbeitnehmer*innen wieder massive Einschränkungen in ihrer Flexibilität.
Mittlerweile hat sich jedoch ergeben, dass uns das Homeoffice auch nach dem 20. März in unserer Arbeitswelt begleiten wird. Das hat zur Folge, dass nun weitere relevante Themen wie flexible Arbeitsmodelle. oder die Arbeitszeitverkürzung wieder stärker in den Fokus rücken. Gerade die Papas setzen sich immer aktiver damit auseinander, weniger zu arbeiten, um mehr wertvolle Familien-Zeit zu haben und ihren Nachwuchs auch im Alltag intensiver zu begleiten. Trotzdem ist zum Beispiel die Frage nach einer verkürzten Arbeitszeit immer noch mit der Angst vor einem Karriereknick verbunden. Oder mit fehlender Akzeptanz seitens der Kollegen. Die zentrale Fragestellung vieler arbeitender Väter lautet: Was für ein Vater möchte ich sein?
Was viele Unternehmen, aber auch die Arbeitnehmer*innen, vergessen ist die Tatsache, dass sich auch die Angestellten in die Entwicklung und Umsetzung neuer Konzepte einbringen können. Denn Projekte zur Arbeitszeitverkürzung und -flexibilisierung scheitern oft auch deshalb, weil sie seitens der Arbeitgeber angeschoben werden, ohne die Arbeitnehmer*innen ausreichend einzubeziehen.
Mitarbeiter*innen sollten proaktiv mitgestalten
Positiv nehmen wir zur Kenntnis, dass immer mehr Väter aktiv den Alltag ihres Kindes mitgestalten wollen. Sie wollen mehr als der Gute-Nacht-Papa sein, der nur am Wochenende und im Familienurlaub intensive Zeit mit den Kindern verbringt. Viele Unternehmen haben sich auf diese Situation eingestellt und bieten entsprechende Möglichkeiten für Väter an. Auf der anderen Seiten erkennen viele Arbeitnehmer*innen oft gar nicht, wie fortschrittlich ihr Arbeitgeber schon ist und welche ganzen Prozesse und Überlegungen im Hintergrund ablaufen. Empfehlenswert ist, auf Managementebene aktiv Angebote für Arbeitnehmende zu unterbreiten. Hier sollten aber nicht einfach fertige Konzepte präsentiert werden. Die Wünsche der Väter sind an dieser Stelle gefragt, um sie bei der Planung zu berücksichtigen.
Väter sollten sich aktiv daran beteiligen, neue Arbeitsmodelle mitzugestalten.
Anke Behrendt
So können nachhaltige Ideen entstehen, um das Unternehmen und jeden Einzelnen voranzubringen. Väter sollten daher am besten aktiv beim Arbeitgeber nachfragen, welche Möglichkeiten bereits bestehen und proaktiv Vorschläge unterbreiten, wie Arbeitsmodelle flexibler werden können.
Bedürfnisse und Möglichkeiten definieren
Eine dringend erforderliche Voraussetzung für das Mitgestalten der eigenen Arbeitszeit ist es, zunächst erstmal passende Ideen zu entwickeln, wie mehr Familienzeit geschaffen werden kann. Eine denkbare Lösung wäre zum Beispiel, dass Väter bei ihrer eigentlichen Wochenarbeitszeit bleiben, aber mehr Flexibilität für sich schaffen, in dem sie nachmittags früher das Büro oder Homeoffice verlassen und dafür abends nochmal arbeiten. So kann der Nachmittag dafür genutzt werden, das Kind aus der Kita oder Schule abzuholen und einzukaufen, Kinder zum Sport zu bringen oder auch gemeinsam Zeit zu verbringen.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, in Elternzeit zu gehen oder auch sich eine unbezahlte Auszeit zu nehmen, um zum Beispiel mit der Familie eine ausgiebige Reise zu unternehmen. Bei nicht schulpflichtigen Kindern kann außerdem auch eine Workation eine Möglichkeit sein. Damit ist eine Verschmelzung von Arbeit und Urlaub gemeint. So sammeln Arbeitnehmer*innen neue Impulse und verbringen Zeit mit dem Nachwuchs, bleiben aber im Job angebunden.
Neuer Arbeitgeber – neue Chance?
Oft haben Arbeitssuchende nicht schon gleich zum Start in einem neuen Job den Mut, ihren Wunsch nach mehr Flexibilität zu äußern. Dabei bedeutet ein neuer Arbeitsplatz ja immer auch eine neue Chance auch zur Veränderung der Arbeitsbedingungen. Hier sollte sich jeder Arbeitnehmer vorab Gedanken zu den eigenen Wünschen und den passenden Rahmenbedingungen machen. Und bereits in der Bewerbungsphase können sich Väter über ihren potenziellen Arbeitgeber erkundigen und so herausfinden, welche flexiblen Arbeitsmodelle das Unternehmen anbietet. Manche Arbeitgeber ermöglichen sogar Kennenlerngespräche mit mit anderen Vätern im Unternehmen.
Ohne Sorge vor negativen Konsequenzen sollten Väter schon im Interview klar kommunizieren, wie viele Stunden sie arbeiten möchten und wie viel Flexibilität sie beispielsweise auch in Hinblick auf Homeoffice benötigen. Viele Unternehmen wie auch Advoservice arbeiten in einer 35-Stunden-Vollzeit-Woche. Aber so ziemlich jeder Arbeitgeber ist gesprächsbereit, wenn jemand mehr oder weniger arbeiten möchte. Auch eine spätere Anpassung auf mehr oder weniger Stunden ist meist möglich. Deshalb fragen viele Unternehmen auch direkt, was für die Arbeitnehmer wichtig ist und wie sie ihren Job mitgestalten möchten. So werden gemeinsam Lösungen erarbeitet bezüglich Arbeitszeiten, die sich an Kitazeiten oder den Schichtdiensten der Partnerin orientieren. Auch Urlaub oder Elternzeit während der Probezeit gehören zu unserer Normalität.
Fazit: New Work wagen
Auch wenn „New Work“ ein arg strapaziertes Buzzword aus dem Joballtag ist, steckt viel Wahrheit darin, denn wir müssen neu arbeiten. Väter sollten sich trauen, ihre veränderten Bedürfnisse rechtzeitig zu kommunizieren und gemeinsam mit ihrem Arbeitgebenden überlegen, wie diese Bedürfnisse mit dem Arbeitsverhältnis vereinbart werden können. Die Unternehmen sind meist dankbar für eine Offensive und kreative Ideen seitens der Arbeitnehmer*innen. Im Austausch können passende Konzepte und Möglichkeiten ausgearbeitet werden. Und so profitieren Arbeitnehmer von einer besseren Work-Life-Balance und Arbeitgebende von zufriedeneren Mitarbeitenden.
Titelbild © Igor Savelev (Unsplash)