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Tag der Kinderrechte – Interview mit Julia & Stefanie von SOS-Kinderdorf Hamburg

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Wir lieben unsere Kinder und sorgen für sie. Sie sind aber auch unsere Zukunft und daher liegt ihr Wohlergehen ebenso im Zentrum unseres gesellschaftlichen Fortschritts. Inmitten dieser Bemühungen um das Wohl der jüngsten Mitglieder unserer Gesellschaft rückt der „Tag der Kinderrechte“ in den Fokus. Doch was bedeuten Kinderrechte eigentlich? Und warum ist es so entscheidend, sie zu verstehen und zu schützen? Wir klären auf und lassen dazu zwei Expertinnen von SOS-Kinderdorf Hamburg zu Wort kommen.

Die Kinderrechte, wie sie seit 1989 in der UN-Kinderrechtskonvention festgehalten sind, sind grundlegende Ansprüche, die jedem Kind weltweit zustehen. Sie beinhalten das Recht auf Überleben, Schutz, Entwicklung und Partizipation. Diese Rechte sind unerlässlich, um Kindern eine gesunde, sichere und unterstützende Umgebung zu bieten, in der sie möglichst sorgenfrei und unbeschadet aufwachsen können.

Warum ist es wichtig, Kinderrechte zu kennen?

Das Verständnis und die Achtung von Kinderrechten sind von entscheidender Bedeutung für die Förderung einer gerechten und inklusiven Gesellschaft. Indem wir Kinderrechte kennen und respektieren, schaffen wir eine Grundlage, auf der Kinder ihr volles Potenzial entfalten können. Diese Rechte legen den Grundstein für Bildung, Gesundheit, Schutz vor Gewalt und die Förderung der individuellen Entfaltung jedes Kindes.

Interview zum Tag der Kinderrechte

In diesem besonderen Interview zum Tag der Kinderrechte haben wir die Freude, mit zwei engagierten Vertreterinnen des SOS-Kinderdorf Hamburg zu sprechen. Sie teilen nicht nur ihre Einblicke in die Bedeutung der Kinderrechte, sondern geben auch tiefe Einblicke in ihre Arbeit, um die Rechte der Kinder weltweit zu schützen und zu stärken. Ihre Erfahrungen und Erkenntnisse werden uns helfen, die Herausforderungen zu verstehen, vor denen viele Kinder stehen. Gleichzeitig zeigen sie uns Wege auf, wie wir gemeinsam eine bessere Zukunft für unsere Kinder gestalten können. Und damit die Fragen auch authentisch sind, habe ich zusammen mit meiner elfjährigen Tochter überlegt und formuliert, was wir zum Thema Kinderrechte wissen möchten.

Es gibt schon seit 32 Jahren Kinderrechte in Deutschland. Kennen alle die Rechte?

Julia: In Bezug auf die Kinderrechte in Deutschland hat sich in den letzten Jahrzehnten vieles positiv verändert. In Kitas, Schulen und Vereinen sehen wir Fortschritte, vor allem im schulischen Bereich wie bei Schulprojekten zu Kinderrechten. Auch wir haben Kooperationen im Stadtteil zu dem Thema. Mir ist das zu wenig. Es wäre schön, wenn Kinderrechte fest im Lehrplan verankert wären. Ansonsten ist das zu abhängig von engagierten Lehrkräften, ob Kinderrechte überhaupt ein Thema sind.

Kinderrechte gehen uns alle an
© canbedone (depositphotos.com)

Um Aufklärungsarbeit zu leisten, braucht es mehr und verbindliche Vorgaben. Teilweise geschieht das schon. So müssen Kitas Schutzkonzepte für Kinder haben und darin sind Kinderrechte ein Bestandteil. Diese Richtung zeigt, dass die frühen Kinderjahre in den Fokus rücken. Dennoch gibt immer noch Verbesserungspotenzial, um sicherzustellen, dass Kinderrechte in allen Lebensbereichen respektiert werden.

Viele Kinder und Erwachsene kennen die Kinderrechte nicht. Diese müssten viel publiker sein und beispielsweise in Schulen und dort in den Lehrplänen und auf Elternabenden. Es darf nicht Zufall bleiben, ob Kinder über ihre Rechte informiert werden. Wenn die Eltern die Kinderrechte nicht kennen, dann haben die Kinder zur Zeit fast keine Chance von ihnen zu erfahren. Dieses Wissen weiterzugeben, betrifft ebenso alle Erwachsene, die mit Kindern in Kontakt sind. Kinderrechte sind nicht nur eine Angelegenheit der Eltern oder der Erziehung, sondern sie betreffen die Gesellschaft als Ganzes.

Stefanie: Wie viel Aufklärung in der Gesellschaft noch nötig ist, zeigt sich zum Beispiel daran, das sie nicht ins Grundgesetz gekommen sind. Wir sprechen uns ganz klar dafür aus, dass Kinderrechte ins Grundgesetz sollen. Wenn es nicht im Grundgesetz verankert, fehlt der rechtliche Anspruch. Damit Kinder für ihre Rechte einstehen. Warum gibt es Rechte für Erwachsene und nicht für Kinder. Sie dienen dem Schutz der Kinder.

Warum sollten alle die Kinderrechte kennen?

Stefanie: Kinderrechte gehen alle an – auch Nachbarn, Tanten, Großeltern. Wir wünschen uns, dass die Erwachsenen Kinder mehr im Blick haben und sich entsprechend für Kinder einsetzen. Wenn Erwachsene die Kinderrechte kennen, können sie die Bedürfnisse der Kinder besser verstehen und ihnen die Unterstützung und den Schutz bieten, den sie benötigen.

Julia: Denn nur dann können wiederum die Erwachsenen das Wissen um die Kinderrechte an die Kinder weitergeben. Die Kenntnis um die Kinderrechte befähigt Kinder, ihre Bedürfnisse und Anliegen auszudrücken und z.B. die eigene Meinung zu äußern. Kinderrechte dienen dem Miteinander und helfen den Kindern gesund und gut aufgewachsen. Kinderrechte sind auch in verschiedenen Gesetzen berücksichtigt, daher sollte sie alle kenne.

Stefanie: Die Kinderrechte helfen den Kindern auch im Umgang untereinander. Wenn sie früh erkennen, wenn etwas im Umgang nicht stimmt, ihre Rechte kennen und wahrnehmen, dann können sie Grenzen setzen und sich mit Gleichaltrigen besser auseinandersetzen.

Steht in den Kinderrechten auch, wann ich ins Bett muss und wieviel Taschengeld ich bekomme?

Julia: Explizite Vorgaben werden in den Kinderrechten nicht beschrieben. Es gibt zum Beispiel das Kinderrecht auf Selbstbestimmung, dieses greift jedoch im Falle der Bettgehzeiten nicht wirklich. Denn bei den Bettgehzeiten kleinerer Kinder entscheiden die Eltern, bei Kindern im Jugendalter sollten Eltern gemeinsam mit den Kindern auf die individuelle Schlafenszeit schauen und diese auch auf die individuellen Bedürfnisse des Kindes zuschneiden – denn nicht jedes Kind braucht zum Beispiel gleich viel Schlaf.

Stefanie: Eltern gestalten ihren Familienalltag selbst und zum Kind passend. Zum Taschengeld gibt es Empfehlungen z. B. diverse Taschengeldtabellen, an denen sich Eltern orientieren können. Das Kinder- und Jugendschutz regelt Dinge wie lange Kinder draußen sein dürfen, wie lange sie allein sein dürfen, ab welchen Alter Alkohol getrunken werden darf. Eltern sollen die Entwicklung des Kindes beachten und entsprechend mit dem Kind bei Ausgehzeiten etc. ins Gespräch gehen.

Und was ist, wenn ich ein Handy haben möchte? Müssen mir meine Eltern eines geben?

Stefanie: Kinder haben kein Recht auf ein Handy, Eltern müssen diesem zustimmen. Kinder haben Privatsphäre. Dies gilt auch für das Handy. Dennoch haben die Eltern eine Fürsorgepflicht. Das heißt sie müssen die Kinder anleiten und begleiten. Dazu gehört auch ein Besprechen bei der Nutzung von Social Media. Eltern müssen sich aufklären und nicht die Kinder einfach laufen lassen, sondern intensiv begleiten. Dazu gehört gerade am Anfang das gemeinsame Anschauen von allem, was das Kind online macht.

Was kann ein Kind tun, wenn ein Kinderrecht nicht eingehalten wird? An wen kann sich das Kind hinwenden?

Stefanie: An jeden Erwachsenen, an andere Kinder oder an öffentliche Stelle wie die Nummer gegen Kummer. Auf jeden Fall sollte es eine vertraute Person sein. Das Kind muss sich trauen Hilfe zu holen und darf nicht allein bleiben. Erwachsene sollten Kinder ernst nehmen und seine Sorgen und Äußerungen nicht abwiegeln.

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© Edward Cisneros (Unsplash)

Was kann ich als Elternteil tun, um mein Kind zu schützen und zu stärken?

Stefanie: Sich die Zeit nehmen und Kinder ernst nehmen. Wenn es gerade zeitlich nicht passt, das Thema vertagen und nicht unter den Tisch wegfallen lassen. Was auch wichtig ist, dass Kinder nein sagen dürfen. So merkt es: Es wird nicht über mich bestimmt, sondern mit mir. Über die Kinderrechte wird die Beteiligung gestärkt.

Julia: Dem Kind zuhören und da zu sein. Auch die Zwischentöne sind wichtig. Es ist wichtig die Gefühle des Kindes ernst zu nehmen und es diese auch ausleben zu lassen. Das Kind beim Neinsagen unterstützen – wie z. B. Nein zum Kuss von der Oma. Dem Kind erlauben seine Grenzen zu wahren. Es ist wichtig mit dem Kind gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Dazu gehören Hilfe anzubieten und es zu bestärken.

Außerdem: Dem Kind beibringen, was gute und schlechte Geheimnisse sind. Beispielsweise Geschenke vorher nicht zu verraten ist ein gutes Geheimnis. Diese Art von Geheimnissen sorgen für gute Gefühle. Schlechte Geheimnisse, sind Geheimnisse, die sich für das Kind nicht gut anfühlen und es vielleicht sogar zum Weinen bringen. Es sind Geheimnisse, für die das Kind zum Beispiel belohnt wird, wenn es sie geheim hält oder beim Weitersagen bestraft werden soll. Diese Art von Geheimnissen müssen Kinder weitererzählen.

Haben wir Kinder auch Pflichten oder geht es eher um unsere Rechte?

Stefanie: Bei den Kinderrechten geht es um die Kinderrechte. Wenn Kinder ihre eigene Rechte haben möchten, dann müssen sie die auch einhalten und leben. Kinder sollten respektvoll miteinander umgehen und sich in die Gesellschaft integrieren.

Julia: Ja, es gibt Aufgaben. Zum Beispiel müssen Kinder die Schule besuchen, denn in Deutschland haben wir bis zu einem bestimmten Alter eine Schulpflicht. Und auch die Rechte anderer respektieren sowie bestimmte Regeln und Gesetze einzuhalten. Wenn Eltern ihren Kindern vertrauen und Verantwortung abgeben wird die Selbstständigkeit gefördert. Dies sollte jedoch in einem angemessenen Maß und selbstverständlich das jeweilige Alter und die individuellen Fähigkeiten berücksichtigt werden. Angemessen wäre beispielsweise bei einem Vierjährigen, das Vertrauen zu haben, dass es bereits lernen kann, die Jacke in der Garderobe selbst aufzuhängen. Eltern geben dabei den Rahmen vor, in dem sich das Kind gut entwickeln und aufwachsen kann.

Liebe Stefanie, liebe Julia, vielen Dank für die Aufklärung zu diesem wichtigen Thema!
Hier gibt es eine Liste der Kinderrechte auf der Website des SOS-Kinderdorf.

Infos zu den Gesprächspartnerinnen

Stefanie Häberlein

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Stefanie Häberlein

Seit vierzehn Jahren arbeitet Stefanie Häberlein bei SOS-Kinderdorf und ist seit 2012 Beteiligungsmentorin. Sie arbeitet seit fast 25 Jahren in der Kinder- und Jugendhilfe. Dazu gehören Erfahrungen im Schichtdienst in Wohngruppen, Arbeit im Jugendtreff mit Begleitung in der Freizeit sowie Beteiligung der Kinder und Jugendlichen. Seit 2011 arbeitet sie in den Ambulanten Hilfen, hat beim 2. UN-Kinderrechtereport mitgewirkt und eine Mädchengruppe aufgebaut. Sie nahm außerdem mit Betreuten an der Kinder- und Jugendkonferenz (KiJuKo) von SOS-Kinderdorf teil. KiJuKo bietet für alle Kinder, die bei SOS-Kinderdorf betreut werden, einen Raum zum Entfalten und Meinungsäußerung.

Als Beteiligungsmentorin hört Stefanie Häberlein die Meinung von Kindern und Jugendlichen, sie hört ihnen zu, bindet sie in Entscheidungen ein und erarbeitet gemeinsam Lösungen. Sie geht mit den Kindern ins Gespräch und informiert sie. Indem sie in den Dialog geht, gibt sie ihnen eine Stimme .

Julia Hartinger

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Julia Hartinger

Sie ist als Kinder- und Betreutenschutzfachkraft seit anderthalb Jahren bei SOS-Kinderdorf Hamburg. Julia Hartinger ist Ansprechpartnerin für Kinder, Jugendliche, Eltern und Fachkräfte zum Thema Kinderschutz. Sie sorgt dafür, dass Kinder und Jugendliche geschützt werden und unterstützt Fachkräfte sowie Eltern im Bereich Kinderschutz, die Strukturen und Abläufe zu verbessern. Konkret bedeutet dass, das Julia das Schutzkonzept anpasst. Sie sorgt außerdem dafür, dass Kinder und Jugendliche bei SOS-Kinderdorf Hamburg vor seelischer, körperlicher, sexualisierter Gewalt geschützt sind.

Sie findet Antworten auf Fragen wie „Wie können wir verhindern, dass Grenzen überschritten werden? Haben die Menschen, die wir betreuen, genug Chancen, ihre Meinung zu sagen und sich zu beschweren? Wie werden die Kinderrechte bekannter?“ Dazu gehört auch, dass sie Informationsangebote, präventive Projekte und Weiterbildung für Kinder und Familien anregt.

Nach ihrem Psychologie-Studium arbeitete Julia Hartinger bei der UN in New York. Anschließend war sie zwei Jahre in einer Hilfsorganisation im Bereich Jugend tätig. Ein Schwerpunkt war dabei die Prävention zum Thema (sexualisierte) Gewalt. Sie ist Insoweit erfahrene Fachkraft nach § 8a des SGB VIII für die Beratung zur Einschätzung des Gefährdungsrisikos bei einer vermuteten Kindeswohlgefährdung.

Titelbild © serrnovik (depositphotos.com)

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