Viele Eltern mit KiTa-Kindern halten diese Phase für extrem anstrengend, weil die kleinen Stöpsel noch ziemlich freidrehen und viele Routinen und Abläufe erst lernen müssen. Und dann steht der Schulanfang vor der Tür. Da muss dann nicht nur eine atemberaubende Schultüte organisiert, sondern die ganze Morgenroutine auf ein ganz neues Level gehoben werden. Plötzlich gibt es keine Gleitzeit mehr bis 9.30, die Kinder müssen um 8 Uhr auf dem Aufstellplatz der Schule antreten. Und bloß nicht mit dem Elterntaxi gebracht werden. Ach, und auf keinen Fall darf eine gesunde Brotdose fehlen. Jaja, es wird nicht einfach. Wir haben ein paar Tipps für einen geschmeidigen Schulanfang.
Jahr für Jahr steht nach dem Sommer für gut 800.000 Kinder in Deutschland der Schulanfang im Kalender. Das ist nicht nur für die Kinder ein aufregender und herausfordernder neuer Lebensabschnitt. Auch die Eltern müssen an viele Dinge denken, das Kinderzimmer von KiTa auf Schule anpassen und einige organisatorische Dinge berücksichtigen. Aber zuerst einmal gilt es, den Kindern bei Aufregung und Unsicherheiten zur Seite zu stehen. Die Experten der Johannesbad Eltern-Kind-Kliniken haben dafür ein paar Tipps gesammelt, die wir gern an euch weitergeben.
„Eltern können entscheidend dazu beitragen, dass nicht nur der erste Schultag gelingt, sondern auch die ersten Monate gelingen, in denen sich Alltagsroutinen wahrscheinlich mehr oder weniger deutlich verändern werden“
Sabine Pieters – Dipl.- Heilpädagogin & Systemische Beraterin, Johannesbad Klinik Königshof
Der Support der Kinder startet aber nicht erst mit dem Schulanfang. Auch schon vor der Einschulung können Eltern die ABC-Schützen von Morgen unterstützen.
Mehr Sicherheit durch Routinen
Für hunderttausende Familien zwischen Meer und Bergen steigt die Aufregung. Denn die KiTa-Kinder freuen sich darauf, nach dem Schulanfang endlich zu den Großen zu gehören. Auch wenn sie auf dem Schulhof erstmal die Kleinsten sind. Und bevor es losgeht, stehen wichtige Anschaffungen auf dem Zettel. Ein Thema für die Schultüte wird besprochen – hier dürft ihr Papas auch sehr gern an der Beschaffung und Bestückung mitwirken. Wir haben zur Schultüte einen Beitrag mit wertvollen Tipps. Und auch der Schulranzen ist ein ganz wichtiges Element für einen guten Start der Erstklässler.
„Sinnvoll ist es, bereits in den Wochen vor dem Schulstart die gewohnte Alltagsstruktur beizubehalten oder nach einem Urlaub wiederherzustellen“, sagt Sabine Pieters. So bekommen Kinder die nötige Sicherheit als Ausgangsposition für einen geschmeidigen und reibungslosen Schulanfang. Bei allen anderen Themen sollten die Eltern möglichst für Ruhe sorgen. Es sollte also nicht direkt vor dem Schulanfang ein Jobwechsel oder sogar ein Umzug eingeplant werden. Und auch die Anschaffung eines Haustieres solltet ihr nach hinten schieben. Das Kind sollte sich auf die kognitiven und sozialen Anforderungen in der Schule fokussieren und alle Familienmitglieder sollten sich an die neue Situation gewöhnen können.
So können Eltern die Selbstständigkeit unterstützen
Natürlich sollt ihr eure Kinder nicht ab Schultag 1 schon morgens allein mit dem Ranzen auf dem Rücken vor die Tür setzen. Trotzdem hilft den Kindern zum Schulanfang eine altersangemessene Selbstständigkeit. Die Erziehungsberaterin der Johannesbad Klinik Königshof rät Eltern, diese zu überprüfen: Kann sich das Kind allein anziehen? Klappt es mit der Körperpflege und dem Zähneputzen ohne fremde Hilfe? Wie sind auch alltagspraktische Fähigkeiten ausgeprägt? Kann euer Kind den Tisch decken, die Spülmaschine einräumen oder kleinere Besorgungen erledigen? Was funktioniert schon gut und wo braucht euer Kind noch eure Hilfe?
„In den Wochen vor der Schule haben Sie die Möglichkeit, eventuelle Lücken noch zu schließen und es dem Kind damit in der kommenden Zeit einfacher zu machen“, so Pieters. Wenn ihr hier den Fokus auf die Selbstständigkeit legt, hat das noch einen positiven Nebeneffekt: Das eigene Können und die Entwicklung eigener Fähigkeiten steigern Selbstwert und Selbstvertrauen. Auch dies ist eine wichtige Voraussetzung für einen positiven Schulstart.
Logopädin rät: Kinder spielerisch fördern
„Oft sind sich Eltern auch nicht sicher, ob ihr Kind bereits ‚reif für die Schule‘ ist“, weiß Logopädin Annett Dietzel von der Johannesbad Fachklinik Klaus Störtebeker Ostseestrand. Wenn ihr die zukünftigen Erstklässler fördern wollt, könnt ihr das auf recht spielerische Weise tun. Ihr könnt Reimwörter suchen oder auch Silben klatschen. Weitere Möglichkeiten sind das Heraushören von Anlauten („Was hörst du am Anfang bei Oooooopa?“) und das Training der Merkfähigkeit („Kofferpacken“ oder das Nachsprechen von Quatschwörtern). Zudem könnten Eltern kurze Geschichten vorlesen und Fragen dazu stellen (Beispiel: Tim und Lisa spielen am Strand, sie haben schon ganz viele Sandburgen gebaut. Sie sind ganz stolz. Frage: Wo spielen Tim und Lisa?). „Diese Förderideen erleichtern den Start in der Schule“, weiß die Logopädin.
Das Kind zum Schulanfang nicht überfordern
Manche Eltern neigen dazu, gleich zu sehr aufs Gas zu gehen und die Kinder schon zu früh pushen zu wollen. Das kann zu einer Überforderung statt einer Förderung führen. Wichtig ist eine gute Balance, der Spaß spielt gerade zum Schulanfang eine wichtige Rolle.
„Damit ein Kind Freude am Lernen entwickelt, ist es wichtig, es nicht zu überfordern, auch wenn das heißt, dass Eltern vielleicht ihre eigenen Ansprüche an Sauberkeit und Ordnung überdenken und zurückstellen müssen“, so Sabine Peters. Und auch wenn sich Eltern gerade am Schulanfang mit dem Kontakt zu den Lehrer:innen erstmal dezent zurückhalten sollten, dürft ihr natürlich mit den Lehrkräften ein angemessenes Vorgehen bei der Unterstützung der Hausaufgaben absprechen. „Ermutigen Sie Ihr Kind, wenn etwas noch nicht so gut klappt und lassen Sie sich nicht von den (vermeintlichen) Erfolgen und Leistungen anderer Kinder unter Druck setzen“, rät die Diplom-Heilpädagogin.
Übt den Schulweg rechtzeitig
Auch wenn der Schulweg grundsätzlich für euer Kind allein machbar ist, solltet ihr es zum Schulanfang und in den Wochen danach erstmal begleiten. Vielleicht könnt ihr so auch Gruppen mit anderen Kindern bilden, die den gleichen Weg haben. Neben dem Weg an sich spielt die Sicherheit im Verkehr eine ganz entscheidende Rolle, gerade an Ampel, Zebrastreifen und Fußgängerüberwegen. Und auch vor den Grundschulen geht es morgens meist recht turbulent zu. Zu guter Letzt sollte euer Kind auch wissen, wie es mit Fremden umgeht und reagieren sollte, wenn es angesprochen wird.
Der Beziehungskreis als Hilfestellung
Wenn ihr dieses Thema der Kontakte vertiefen wollt, könnt ihr dazu einen sogenannten „Beziehungskreises“ erarbeiten und eurem Kind als Hilfestellung anbieten. Das Kind wird als Zentrum in die Mitte eines großen Papierbogens gemalt. Zusammen überlegt ihr dann, wer in den nächsten Kreis unmittelbar um das Kind gehört. In der Regel sind das die engsten Bezugspersonen des Kindes. Weniger nahestehende Personen kommen in den nächsten Kreis. Damit erweitern sich die Kreise um das Kind immer weiter nach außen, bis sich im äußersten Kreis nur noch flüchtig bekannte Personen und außerhalb der Kreise unbekannte Personen befinden.
Danach können Eltern gemeinsam mit dem Kind überlegen, welche Gefühle man mit den jeweiligen Personen verbindet und wie sich diese üblicherweise zeigen. Damit lässt sich in Erfahrung bringen, ob das Kind bereits ein angemessenes Nähe-Distanz Verhältnis entwickelt hat oder ob ihr hier noch etwas korrigieren müsst. Eltern sollten ihren Kindern auf jeden Fall mit auf den Weg geben: niemals mitgehen oder in ein Fahrzeug einsteigen, wenn sie es vorher nicht explizit mit ihm abgesprochen haben, auch wenn es sich um eine Person handelt, die das Kind kennt.
Kindern zuhören und sie in Entscheidungen einbeziehen
Eltern sollten aufmerksam sein und genau zuhören, wenn das Kind plötzlich über Bauchweh oder andere körperliche Beschwerden in Zusammenhang mit dem Schulbesuch klagt. Neben den schulischen Anforderungen könnten auch Streitereien und Uneinigkeiten mit den neuen Klassenkameraden die Ursache sein. „Dabei ist allerdings auch zu bedenken, dass sich eine Klassengemeinschaft erst formieren muss und dass es eine Zeit braucht, bis ein Miteinander entstehen kann“, weiß die Expertin. Sie empfiehlt, zuerst gemeinsam mit dem Kind zu überlegen, was helfen könnte, bevor Mütter und Väter den Weg zu den Lehrkräften suchen. „Dieses Vorgehen hilft bei der Entstehung von Selbstwirksamkeit und eines damit verbundenen positiven Selbstbildes“, verdeutlicht Sabine Pieters.
Wir wünschen euch einen tollen Schulanfang und einen guten Start in den neuen Lebensabschnitt.
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