Dinosaurier sind seit 65 Millionen Jahren ausgestorben. Dennoch bevölkern ihre Spielzeug-gewordenen Abbilder immer noch unsere Kinderzimmer und kaum eine Kindheit vergeht ohne mehr oder weniger intensive Dinophase. Doch woher kommt die Faszination für die „schrecklichen Echsen“ eigentlich? Unser Auto Birk Grüling geht der Sache mit den Dinosauriern auf den Grund.
Irgendwann zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr bricht das Dino-Fieber aus. Innerhalb weniger Wochen werden auch Kindergarten-Kinder echte Nachwuchs-Paläontologen. Die Fundstelle des Spinosaurus, die Größe und das Gewicht eines Brachiosaurus, die Zahn-Länge eines T-Rex oder die Federn eines Velociraptors, kein Detail scheint für den kindlichen Geist zu abwegig. Böse Zungen behaupten sogar, dass die altehrwürdige Deutsche Paläontologische Gesellschaft in Wirklichkeit in der Igel-Gruppe eines Kindergartens in Offenbach am Main residiert. Die meisten Mütter und Väter stehen der Dino-Begeisterung ihrer Kinder allerdings eher hilflos gegenüber. Die Namen der Urzeitviecher sind höllisch kompliziert. Schon bei der richtigen Reihenfolge von Trias, Jura und Kreide geraten Erwachsene ins Stolpern.
Das elterliche Hirn muss sich schließlich wichtigere Dinge merken. Und anders als bei „normalen“ Kinderfragen können wir nicht mal auf unsere (Lebens-)erfahrung zurückgreifen. Als wir selbst noch in der Dino-Phase waren, sah die Paläontologie noch ganz anders aus. Über 80 Prozent der heute bekannten Dino-Arten wurden in den letzten 30 Jahren entdeckt. Auch der Blick auf die Urzeitechsen hat sich deutlich geändert. Aus schuppigen und plumpen Monstern wurden gefiederte Raubsaurier, liebevolle Eltern und Tiere mit einem ausgeprägten Sozialverhalten.
Kurzum: Fast alles, was in unseren Kinderbüchern über Dinos geschrieben stand, ist heute längst überholt. So bleibt uns nichts anderes übrig als gemeinsam mit dem Kind diese intensive Phase zu (durch-) oder zu erleben – jedes Dino-Buch vorzulesen, durch Museen und Dinosaurier-Parks zu wandern, mit nostalgischem Gefühl ein Land vor unserer Zeit oder Jurassic Park (je nach Alter) zu schauen und natürlich allerlei Dinospielzeug auszuprobieren (oder besser zu kaufen).
Sehr dekorativ für das Dino-Kinderzimmer sind die Jurassic World 3D-Puzzle von Revell. Wir haben selbst den T-Rex und den Triceratops zusammengebaut. Diese ikonischen Dinosaurier mag vermutlich jedes Kind. Die gepuzzelten Dinos sind schön groß und auch stabil genug, um sie bedenkenlos in Kinderhände zu geben. Allerdings ist der Zusammenbau etwas hakelig, jedenfalls für kleine Dino-Fans. Deshalb musste ich doch viel helfen. Das tut der kindlichen Begeisterung aber kaum einen Abbruch. Natürlich sind die 3D-Puzzle von T-Rex und Triceratops nicht die einzigen Zeugnisse der paläontologischen Begeisterung in unserem Haus. Wir haben unzählige Dino-Modelle von Schleich, Playmobil oder LEGO, diverse Urzeit-Kuscheltiere und sogar zwei Teppiche mit Dinospuren.
Da durfte auch das so sehnlich gewünschte ferngesteuerte Auto nicht ohne Dinos daherkommen. Im Sommer rasen über den Parkplatz der Reihenhaussiedlung häufig ferngesteuerte Autos. Mit fast 6 Jahren ist mein Sohn nun endlich alt genug, um selbst die Rennen mitzufahren. Wir entschieden uns für einen „Dino Express“ Show Truck mit RC Steuerung. Die Optik ist klasse, die Dino-Airbrush-Lackierung von Walter Rosner erinnert mich an Jahrmärkte oder Monster-Truck-Events – nur halt mit prähistorischen Protagonisten. Die Fernsteuerung hatte mein Sohn mit etwas Übung bald raus.
Zur besseren Eingewöhnung lässt sich auch der Anhänger annehmen und nur die Zugmaschine steuern. So gewöhnt man sich leichter an die Lenkung und stufenloser Geschwindigkeitskontrolle. Sein persönliches Highlight – Eltern werden da vielleicht anderer Meinung sein – sind der Motorsound und Warnsound für die Rückwärtsfahrt. Dazu kommt das Truck bis zu 10 km/h schnell werden kann. Damit haben wir auf dem Parkplatz ordentlich Eindruck geschunden.
Gleichzeitig brachten mich die Rennszenen zwischen Dino-Truck und sticknormalen Flitzern doch zum Grübeln. Warum muss bei manchen Kindern auf allem ein Dinosaurier sein oder besser gefragt „Was finden Kinder eigentlich so toll an den Urzeit-Viechern?“
Dinosaurier passen perfekt in die magische Phase
Ein Erklärungsversuch: Dinosaurier gibt es in allen Größen und Formen und sie haben trotzdem kaum etwas mit heute existierenden Tieren gemeinsam. Ein T-Rex oder ein Triceratops sind damit wie gemacht für Auftritte in den Fantasiespielen kleiner Mädchen und Jungen. Dafür gibt es sogar eine entwicklungspsychologische Erklärung. Im Alter von drei bis sechs Jahren durchlaufen Kinder die sogenannte magische Phase. Ihre Welt, die sie noch nicht gänzlich verstehen, erklären sie sich mit viel Fantasie und Magie. Die Sonne geht jeden Abend schlafen, der Weihnachtsmann bringt Geschenke, Feen, Einhörner oder Co haben nun ihren großen Auftritt.
In diese magische Phase passen die sonderbaren Urzeitechsen wie gerufen. Dabei gibt es noch einen entscheidenden, vielleicht sogar verstärkenden Unterschied zu den Fabelwesen. Dinosaurier gab es wirklich, ihre Überreste kann man im Museum bestaunen und an manchen Orten sogar selbst ausgraben. Genau das steigert die kindliche Faszination noch um ein Vielfaches. Doch warum bleiben bei manchen Kindern Dinosaurier nur ein kleiner Teil der magischen Phase und warum entwickelt sich bei anderen eine regelrechte Obsession?
Forschende haben herausgefunden, dass etwa ein Drittel aller Kinder im Alter zwischen zwei und sechs Jahren ein „intensives Interesse“ entwickeln. Auf Platz 1 für dieses Interesse liegen Fahrzeuge – Flugzeuge, Züge und Autos, auf Platz 2 kommen schon die Dinosaurier. Warum dieses Interesse entsteht, wissen die Psychologen nicht genau, auch wir Eltern tun uns oft schwer damit, einen genauen Startpunkt für das Auto oder Dino-Fieber auszumachen.
Mehr Wissen als die Großen
Für die Kinder ist dieses intensive Interesse aber eine ganz besondere Erfahrung. Sie machen die Erfahrung, ein Experte auf einem Gebiet zu sein und sich mit etwas auszukennen, was ihre Eltern oder auch Erzieher:innen eben nicht wissen oder besser können. Dieses beflügelnde Gefühl verstärkt die Begeisterung vermutlich zusätzlich. Auch für die kognitive Entwicklung scheint eine gewisse Obsession gut zu sein. Eine Studie der Indiana University Glauben fand heraus, dass ein verstärktes Interesse für Dinosaurier ein Hinweis auf eine erhöhte Intelligenz des Kindes sein kann. So zeigen Nachwuchs-Paläontologen eine erhöhte Ausdauer beim Lernen, eine verbesserte Aufmerksamkeit und ein besonders gutes komplexes Denken.
Die Forscher glauben, dass die Art und Weise, wie Kinder sich mit den vielen verschiedenen Dinosaurier-Arten und ihren komplexen Verwandtschaftsverhältnissen auseinandersetzen, sich positiv auf den strategischen Umgang mit Problemen im späteren Leben auswirkt. Fragen zu stellen, Antworten zu finden und sich Wissen anzueignen, ist schließlich ein wichtiger Teil des intensiven Interesses. Eure Kinder mögen keine Dinosaurier? Keine Sorge, für Pokémon oder Sammelkartenspiele trifft die Studie ähnliche Aussagen.
Irgendwann ist jede Phase vorbei
Bis auf wenige Ausnahmen – meistens werden diese Kinder irgendwann selbst Paläontologen oder wie in meinem Fall Kinderbuchautor – hält die Dinobegeisterung allerdings nicht ewig. Eine Umfrage unter Eltern von 177 Kindern aus den USA legt nah, dass das Dino-Interesse nur zwischen sechs Monaten und drei Jahren anhält. Ein wichtiger Grund für das verschwindende Interesse ist ausgerechnet der Schulanfang. Von den Kindern wird nun erwartet, dass sie viele neue Dinge wie Lesen, Schreiben oder Rechnen erlernen. Durch die Schule erweitert sich auch der Blick auf die Welt, neue Dinge werden nun interessanter, vielleicht auch durch neue Freunde und Spielkameraden, die eben nicht alle für Dinos brennen.
Für die Spezialisierung auf ein Thema bleibt einfach wenig Platz. Aus dieser Endlichkeit der Dinophase ergibt sich für uns Eltern eine besondere Verantwortung. Wir sollten unsere Kinder in ihrer Neugier und ihrem Wissensdurst unbedingt unterstützen und bestärken – nicht, weil Dinosaurier klug machen, sondern weil sie eine wunderbare Perspektive auf unsere Welt eröffnen. Sie zeigen, dass es schon lange vor uns Menschen faszinierende Lebewesen gab und sie zeigen, wie Evolution funktioniert, sich in der Natur immer neue Fähigkeiten und Eigenschaften entwickeln und wie die Natur mit Aussterben und wandelndem Klima umgeht.
Natürlich können längst nicht alle dieser großen Fragen auch kindgerecht beantwortet werden, sie zu streifen, ihnen nachzugehen, den Forschergeist zu wecken, ist trotzdem ein Gewinn. Und am besten gelingt das, wenn wir uns nach Dino-Spielzeug und Dinosaurier-Büchern hinaus in die Welt wagen, zum Beispiel naturkundliche Ausstellungen besuchen oder selbst nach Fossilien graben. So werden die vergessene Welt und ihre Überreste ein stückweit greifbar, die Dino-Phase bleibt jedenfalls in guter Erinnerung.
Selbst Graben macht glücklich
Noch ein Tipp für alle Eltern mit kleinen Dino-Fans, die alle Dino-Bücher schon gelesen haben: Geht auf Fossiliensuche! Die besten Chancen, um Fossilien zu finden, hat man überall da, wo Gesteinsschichten oder Sedimentablagerungen zu Tage treten – zum Beispiel in Steinbrüchen oder an den Kreidefelsen an der Ostsee. An den meisten dieser Orte gibt es spezielle Fossilien-Führungen für Familien. Der große Vorteil: Erfahrene Fossilienjäger begleiten euch und helfen bei der Suche. Auch das Werkzeug kann ausgeliehen werden. Die spannendsten Fundstellen des Landes liegen in Süddeutschland. In Baden-Württemberg zum Beispiel gab es vor gut 60 Millionen Jahren ein warmes Meer. Die Reste davon findet man noch heute, Muscheln und Ammoniten, zum Beispiel.
Ein beliebter Ort für Fossiliensucher ist auch das Altmühltal in Bayern. Auch hier findet man Fossilien von Fischen und Muscheln. Auf versteinerte Meeresbewohner stößt man auch im Kalksteinbruch Rüdersdorf in Oderland nahe Berlin oder in Nettersheim in der Eifel. Auch hier gibt es Führungen für Familien. In Norddeutschland haben kleine Fossilienjäger die besten Fund-Chancen im Harz oder an den Steilküsten der Ostsee, zum Beispiel am Brodtener Ufer bei Travemünde oder auf Rügen. Einen Ausflug wert sind auch Dinosaurierparks wie der in Münchehagen nahe Hannover.
Dort wurden Saurierspuren entdeckt und ein großer Park mit lebensgroßen Modellen drumherum gebaut. Auch hier können Kinder Fossilien klopfen. Ähnliche Parks gibt es auch in Bayern, auf Rügen oder in Bautzen. Wem das alles zu weit ist, der kann sich auch ein „Fossilien“-Set kaufen. Für knapp 20 Euro gibt es Sets mit ein paar kleinen Fossilien, die bequem am Küchentisch aus dem Stein befreit werden können.
Titelbild © Man Chung (Unsplash)